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Kornek, N.
In vitro-Testung der Kraftverlustrate von 3D-gedruckten Alignern unter simulierten in vivo-Bedingungen
Zahnmedizin; [ Diplomarbeit ] Medizinische Universität Graz; 2022. pp. 108
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
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Pichelmayer Margit
- Altmetrics:
- Abstract:
- Einleitung:
Diese Studie ist ein Teil eines Großprojektes zwischen dem Department für Kunststofftechnik der Montanuniversität Leoben und der Klinischen Abteilung für Orale Chirurgie und Kieferorthopädie der Universitätsklinik für Zahnmedizin und Mundgesundheit Graz.
Bei diesem gemeinsamen Projekt geht es um die Entwicklung eines 3D-druckfähigen Harzes für die direkte additive Fertigung von dentalen Formteilen, vorrangig von kieferorthopädischen Umstellungsschienen (Alignern).
Innerhalb dieser Zusammenarbeit wurde ein Thiol basiertes biokompatibles Harz entwickelt.
In der vorliegenden Arbeit geht es um die Evaluierung der mechanischen Rückstellkraft solcher gedruckten Aligner, sowie zweier Vergleichsmaterialien (DURAN® = PET-G und CA® Pro = Dreischichtfolie aus Copolyester-Doppelschalenkonstruktion und einem thermoplastischen Elastomerkern) über die Zeit einer regulären Alignertragedauer (14 Tage) und einer eventuell verlängerten Therapiezeit (21 und 28 Tage).
Material und Methode:
Aus den drei Vergleichsmaterialien wurden je 30 Aligner hergestellt. Die Erstmessung der Zahnschienen erfolgte im Trockenzustand. Anschließend wurden die Aligner auf patientenmundähnlichen Modellen mit einer Fehlstellung am Zahn 21 (um 0,5mm nach labial verlagert) in künstlichem Speichel, erwärmt auf 36,6 Grad Celsius, gelagert. Weitere Messungen wurden nach 24, 48 und 72 Stunden, sowie nach 7, 14, 21 und 28 Tagen im feuchten Zustand durchgeführt.
Die Kraftmessungen wurden mit einer eigens entwickelten Apparatur durchgeführt.
Um Ungleichmäßigkeiten beim Aufstecken der Aligner auf die Messapparatur auszugleichen, wurde pro Messzyklus jede der 30 Zahnschienen einer Vergleichsgruppe drei Mal gemessen.
Ergebnisse:
Durch die dreimalige Messwiederholung pro Aligner und Messzyklus kam es zu 90 Messwerten (in Newton), die gespeichert wurden. Aus diesen Werten wurden die Mittelwerte errechnet. Die Gruppe der Duran-Aligner zeigte die größte, die 3D-gedruckten Aligner die geringste Streuung. Die Vergleichsgruppe CA Pro hingegen lag im Mittelfeld.
Alle drei Vergleichsmaterialien zeigten sehr hohe Messwerte bei der Erstmessung unter trockenen Bedingungen. Bereits nach einer Lagerung von 24 Stunden in simulierter Patientenmundumgebung verloren alle Aligner-Gruppen deutlich an Kraft. Die beiden thermoplastischen Tiefziehalignergruppen verloren rund 50% ihrer Ursprungskraft. Die 3D-gedruckten Aligner aus dem Thiol basierten Harz zeigten den größten Kraftverlust. Über den weiteren Versuchszeitraum konnten die gedruckten Aligner ihre Kraft am konstantesten halten, gefolgt von der Gruppe CA Pro. Die tiefgezogenen aktiven Zahnschienen aus den Duran Folien verloren über den betrachteten Zeitraum von 28 Tagen ihrer Rückstellkraft am stärksten.
Diskussion:
Alle drei Aligner zeigten bei ihren trockenen Erstmessungen besorgniserregend hohe Kraftwerte – diese entsprechen den Werten, welche der Aligner bei der erstmaligen Integration in den Mund der Patientin/des Patienten auf den zu bewegenden Zahn ausübt. Selbst nach einem Kraftabfall von rund der Hälfte waren die Messwerte bei den beiden tiefgezogenen Vergleichsmaterialien nach wie vor sehr hoch. Die Gruppe der 3D-gedruckten Aligner zeigte in feuchter Umgebung den stärksten Kraftverlust. Jedoch wiesen diese Aligner bereits nach 24 Stunden in der simulierten in vivo-Umgebung physiologisch optimale Werte auf und konnten diese über den gesamten betrachteten Zeitraum hinweg konstant halten.
Es muss leider davon ausgegangen werden, dass bisher, bei den thermogeformten Alignern (aus PET-G oder div. Kunststofffolien, wie der getesteten Dreischichtfolie CA Pro), zu hohe Kräfte auf den zu bewegenden Zahn appliziert wurden. Werte wie die der gedruckten Aligner wären für die anatomischen Strukturen besser.