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Präzisionskardiologie basierend auf Digitalen Zwillingen

Abstract
Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden häufig mit implantierbaren medizinischen Geräten wie Herzschrittmacher oder Defibrillatoren therapiert. Für optimale Therapierfolge muss deren Wirksamkeit aber stetig verbessert werden, indem diese präziser an das Krankheitsbild eines jeweiligen Patienten angepasst werden. Die große Herausforderung bei der Umsetzung von solchen personalisierten Präzisionstherapien besteht darin diese Geräte optimal maßgeschneidert zu implantieren und einzustellen. Eine vielversprechende Möglichkeit dafür bieten virtuelle Herztechnologien, die Anatomie und elektrisches Verhalten eines Patientenherzens physikalisch detailliert simulieren können. Derartige aus Patientendaten konstruierte Computermodelle, die elektrische Vorgänge im Herzen eines Patienten exakt nachbilden können, werden als digitale Zwillinge bezeichnet. Um diese effektiv für die Optimierung von Therapien einsetzen zu können müssen aber bestehende Probleme in der Kalibrierung mit Patientendaten gelöst werden, und die Zuverlässigkeit von Vorhersagen muss nachgewiesen werden.

Das Forschungsziel besteht darin, die Grundlagen für eine Virtuelle-Herz-Technologie zu schaffen, die in der Lage ist aus klinischen nicht-invasiven Bild- und Messdaten automatisiert mechanistische digitale Zwillingsmodelle zu erstellen, die das elektrische Verhalten der Ventrikel (Hauptkammern) genau abbilden. Diese Herzzwillinge werden mit einem personalisierten Modell des ventrikulären Reizleitungssystems ausgestattet, das es ermöglicht das Elektrokardiogramm (EKG) des normalen Herzschlags zu simulieren und auch das EKG bei Schrittmachertherapien vorherzusagen.

Dazu werden automatisierte Arbeitsabläufe zur Erzeugung von anatomischen Zwillingsmodellen aus Bilddaten, ein echtzeit-fähiges biophysikalisch detailliertes EKG-Modell, Methoden zur Quantifizierung des Einflusses von Beobachtungsunsicherheiten und Techniken zur Identifizierung von Modellparametern entwickelt. Diese Technologien werden zur Erstellung und Kalibrierung von digitalen Zwillingen eingesetzt, die drei verschiedene Patientengruppen repräsentieren – gesunde Probanden, Patienten, die unter infarktbedingten ventrikulären Tachykardien leiden und mittels Ablation therapiert werden, und Patienten mit Reizleitungsstörungen, die mittels Re-synchronisationstherapie behandelt werden. Die dadurch gebildeten virtuellen Kohorten werden validiert, und deren Vorhersagekraft evaluiert. Die Methoden zur Quantifizierung werden eine Abschätzung ermöglichen, mit welcher Wahrscheinlichkeit den Modellvorhersagen vertraut werden kann.

Die Hauptinnovation des Projekts besteht in der Entwicklung eines systematischen und automatisierten Ansatzes zur Erzeugung von elektrischen Herzmodellen aus klinischen Daten. Die Leistungsfähigkeit der entwickelten Technologie hinsichtlich Personalisierung der elektrischen Herzfunktion und der Vorhersage therapeutischer Effekte soll demonstriert werden. In Kombination mit einer Abschätzung der Vorhersageunsicherheiten soll die Glaubwürdigkeit von digitalen Herzzwillingen nachgewiesen werden, um damit die Grundlage für den Einsatz von simulations-basierten digitalen Zwillingen als wichtiges Werkzeug der Präzisionskardiologie zu legen. Diese Technologien werden auch eine Schlüsselrolle in der zukünftigen Entwicklung medizinischer Geräte in der Industrie spielen, da die Notwendigkeit von Tierexperimenten und klinischen Studien reduziert wird, und somit Therapien wesentlich schneller und kostengünstiger entwickelt werden können.
Projektleitung:
Plank Gernot
Laufzeit:
01.06.2022-14.03.2027
Programm:
FWF Joint Projects
Art der Forschung
Grundlagenforschung
Mitarbeiter*innen
Plank, Gernot, Projektleiter*in
Prassl, Anton, Projektmitarbeiter*in
Gsell, Matthias, Projektmitarbeiter*in
Gillette, Karli, Projektmitarbeiter*in
Beteiligte MUG-Organisationseinheiten
Lehrstuhl für Medizinische Physik und Biophysik
Gefördert durch
FWF, Fonds zur Förderung der Wissenschaftlichen Forschung, Wien, Österreich

FWF-Grant-DOI: 10.55776/I 6540
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