Gewählte Publikation:
Müller, L.
Klinische Charakterisierung von PflegeheimpatientInnen an der neurologischen Notaufnahme mit der Zuweisungsdiagnose Schlaganfall
Humanmedizin; [ Diplomarbeit/Master Thesis (UNI) ] Graz Medical University; 2018. pp.72.
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
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Gattringer Thomas
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Kneihsl Markus
- Altmetrics:
- Abstract:
- Einleitung: Der Schlaganfall zählt zu den häufigsten Erkrankungen im hohen Alter. Rezente Studien konnten den Nutzen akuter Schlaganfalltherapien auch bei PatientInnen im höheren Lebensalter bestätigen. Der akute Schlaganfall wird jedoch bei älteren Menschen häufig durch bestehende Komorbiditäten, welche einen Schlaganfall imitieren können, nicht rechtzeitig bzw. richtig erkannt.
Hauptgegenstand dieser Arbeit ist es daher, dieses Problem im klinischen Alltag zu quantifizieren und die Hauptursachen für eine präklinische Fehldiagnose zu beschreiben. Gleichzeitig hatten wir das Ziel einfache Indikatoren für das tatsächliche Vorliegen eines Schlaganfalls zu finden, die bereits im präklinischen Bereich differentialdiagnostisch hilfreich sein könnten.
Material und Methoden: Von allen PatientInnen einer Pflegeeinrichtung, die im Zeitraum Oktober 2013 bis November 2015 an die neurologische Notaufnahme der Universitätsklinik Graz, mit der Zuweisungsdiagnose Schlaganfall, transferiert wurden, wurde retrospektiv die endgültige Arbeitsdiagnose der Notaufnahme untersucht. Dabei wurden PatientInnen in der Subgruppe „Schlaganfall“ und jene, mit schlaganfallimitierenden Erkrankungen, in der Subgruppe „Schlaganfall-Imitator“ zusammengefasst. Diese beiden Gruppen wurden hinsichtlich demographischer und klinischer Variablen gegenübergestellt. Dabei wurde die statistische Signifikanz ab einem P-Wert <0,05 festgelegt.
Resultate: Von 419 in der Beobachtungsperiode zugewiesenen PflegeheimpatientInnen wurde tatsächlich bei rund einem Drittel (n=126) ein Schlaganfall suspiziert. Von diesen konnte bei 43 Personen (34%) ein Schlaganfall bestätigt werden, während bei 83 (66%) eine Schlaganfall-imitierende Erkrankung festgestellt wurde. Das durchschnittliche Alter in der Kohorte betrug 78±14 Jahre. Die Polypharmazierate lag bei 77%. Nur eine Person erhielt eine Schlaganfallakuttherapie (intravenöse Thrombolyse gefolgt von mechanischer Thrombektomie). Hauptursächlich für diese niedrige Rate waren zu lange Zeitspannen vom Symptombeginn bis zum Krankenhaustransfer (47%) und eine hohe Rate an Multimorbidität (27%).
Die häufigsten schlaganfallimitierenden Erkrankungen in der Kohorte waren Infektionen (24%) und epileptische Anfälle (20%). Als Prädiktoren für einen Schlaganfall wurden die Faktoren akute fokal-neurologische Symptome, Vorhofflimmerarrhythmie und ein früherer Schlaganfall identifiziert.
Diskussion: In dieser Studie stellte sich ein großer Anteil der präklinisch suspizierten Schlaganfälle von PatientInnen, die aus einer Pflegeeinrichtung zugewiesen wurden, als Schlaganfall-imitierende Erkrankung (66%) dar. Die PatientInnen trafen im Durchschnitt verspätet an der neurologischen Notaufnahme ein und erhielten aus diesem Grund häufig keine Akutschlaganfalltherapie. Einfache klinische Indikatoren könnten helfen präklinisch SchlaganfallpatientInnen effizienter zu identifizieren.