Gewählte Publikation:
Sterzer, C.
Biopsychosoziale Komplexität in einer internistischen Notfallambulanz - Demographische Aufarbeitung unter Berücksichtigung genderspezifischer Aspekte
[ Diplomarbeit ] Medical University of Graz; 2012. pp. 71
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
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Fazekas Christian
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Matzer Franziska
- Altmetrics:
- Abstract:
- HINTERGRUND: Diese Arbeit ist Teil eines Studien-Projektes, welches die Prävalenz biopsychosozialer Komplexität bei PatientInnen in einer internistischen Notaufnahme untersucht hat. Sie beinhaltet eine deskriptive Statistik des Patientenkollektivs, welches die Notaufnahme des LKH Graz während einer Woche besucht hat und legt besonderes Augenmerk auf Gender-Aspekte mit Bezug auf biopsychosoziale Fragestellungen.
METHODIK: Innerhalb des Untersuchungszeitraumes wurden PatientInnen mit Manchester-Triage-Gruppen 3-5 eingeladen, an diesem Forschungsprojekt teilzunehmen. Die biospsychosoziale Komplexität wurde anhand des Intermed-Interviews bestimmt. Als Teilprojekt befasst sich diese Studie mit soziodemographischen Variablen, die mittels eines strukturierten Fragebogens erhoben wurden.
ERGEBNISSE: 167 PatientInnen (54% Frauen) wurden in die Studie eingeschlossen, interviewt und deren demographische Daten erhoben. Das Durchschnittsalter der Frauen war 51 Jahre, Männer waren durchschnittlich knapp 8 Monate jünger. 70% der PatientInnen über 75 Jahren waren Frauen. Der AusländerInnen-Anteil betrug zwölf Prozent, wobei die Hälfte nicht deutschsprachig war. 40% der weiblichen Patienten kamen nachts in die Notaufnahme.
Fast die Hälfte der Frauen hatte ,,Probleme des Oberkörpers¿ (Thoraxschmerzen, Atem- oder Kreislaufbeschwerden etc.) und vier von zehn Männern Beschwerden des ,,Bauchraumes¿ (Bauchschmerzen bzw. Durchfall). Diese Symptome wurden nachts meistens dringlicher beurteilt als am Tag. Nachts wurden Frauen häufiger stationär aufgenommen als während des Tages (31% vs. 14%). Tagsüber wurden Männer deutlich öfters stationär aufgenommen als Frauen (36% vs. 14%). Zwischen 6% und 16% der mit `Schmerzen¿ assoziierten Leitsymptome wurden psychiatrisch eingestuft.
Diese Studie unterstreicht, dass Frauen das Gesundheitssystem mehr in Anspruch nehmenals Männer, da sie die Notaufnahme in einem Zeitraum von 12 Monaten öfters wiederholt frequentierten. Die Zahl der Mehrfachverschreibungen von Medikamenten (¿ 7) war bei Männern höher als bei Frauen (17,8% vs. 12,7%).
Ein Hauptergebnis ist, dass das Konzept von HausärztInnen als ,,Wegweiser¿ im Gesundheits- system für die PatientInnen dieser Studie von keiner grossen Bedeutung ist ¿ für Frauen noch weniger als für Männer (18,2% vs. 32,1%).
ZUSAMMENFASSUNG: Mehrere Faktoren, die zur biopsychosozialen Komplexität beitragen, konnten gefunden werden. Aber auch Kriterien, die in den Rahmen eines Triage-Systems gehören und biopsychosoziale Komplexität erhöhen können, wurden identifiziert. Ein Werkzeug zur Evaluierung komplexer PatientInnen könnte für das Setting einer Notaufnahme und der dort beschränkten Zeit von Nutzen sein. Durch den demographischen Wandel der Gesellschaft werden Multimorbidität, Chronizität und genderspezifische Erkrankungen zunehmende gesundheitsökonomische Herausforderungen in der Primärversorgung sein. Hier gilt es, die richtigen Antworten für eine Notaufnahme, die sich an Behandlungsdringlichkeiten orientiert, zu finden.