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Gewählte Publikation:
Zach, M.
Hypoparathyreoidismus-Aufbau einer prospektiven Kohorte
Humanmedizin; [ Diplomarbeit ] Graz Medical University; 2017. pp.
[OPEN ACCESS]
FullText
- Autor*innen der Med Uni Graz:
- Betreuer*innen:
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Amrein Karin
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Fahrleitner-Pammer Astrid
- Altmetrics:
- Abstract:
- Der Hypoparathyreoidismus ist die letzte klassische, nicht mit dem fehlenden Hormon behandelte Endokrinopathie. Die Erkrankung tritt in den meisten Fällen postoperativ nach Eingriffen an der Schilddrüse oder den Nebenschilddrüsen oder nach einer Neck Dissection auf, kann aber auch genetisch oder autoimmun bedingt sein. Die derzeitige Standardtherapie ist rein symptomatisch und erfolgt vor allem mit Calcium und Vitamin D (nativ u. aktiv), wobei sich die Dosierung an der Symptomausprägung orientiert. Dennoch kommt es trotz Therapie oft zu Hypokalziämie-getriggerten Symptomen, die aus dem Parathormon-Mangel resultieren (Parästhesien, Krampfanfälle, Laryngospasmen, Herzinsuffizienz). Weiters kann es zu gravierenden Folgen durch die langzeitige, oft überdosierte Calcium-Substitution und die gestörte Calcium-Homöostase kommen (Nephrokalzinose, Basalganglienverkalkungen, neuropsychiatrische Erkrankungen, Veränderungen in der Knochenstruktur und verminderter Knochenumbau). Ein Großteil der PatientInnen beklagt eine deutlich beeinträchtigte Lebensqualität, bedingt durch die dauerhafte Medikamenteneinnahme, häufige Arzt- u. Krankenhausbesuche und die Begleitsymptome der Erkrankung und der Therapie. Bisher liegen aber noch kaum Daten über Symptome und Komplikationen aus Langzeitbeobachtungen von Hypoparathyreoidismus-PatientInnen vor, außerdem wird die Bürde, die PatientInnen mit dieser Krankheit zu tragen haben, von Außenstehenden und auch von den behandelnden Ärzten oftmals unterschätzt. In den letzten Jahren zeigten einige Studien zur Behandlung der Erkrankung mit Parathormon bei Kindern und Erwachsenen vielversprechende Ergebnisse. Dementsprechend könnte der Ersatz von Parathormon in den nächsten Jahren Einzug in die alltägliche Praxis finden und als Standardtherapie für diese chronische Erkrankung etabliert werden.
Methoden
Ziel dieser prospektiven Studie ist der Aufbau einer Kohorte von an chronischem Hypoparathyreoidismus erkrankten PatientInnen. Die Identifikation dieser erfolgt am Univ.-Klinikum LKH Graz, der MedUni Wien, der MedUni Innsbruck sowie in drei österreichischen Privatinstituten mit Spezialisierung auf Schilddrüsenerkrankungen. Die PatientInnen werden zur Untersuchung/Befragung im Rahmen der Routineuntersuchung befragt (alternativ: Telefoninterview) und nach ausführlicher Aufklärung über das Vorgehen und den Ablauf der Studie und der Unterzeichnung des Informed Consent untersucht. Weiters wird bei Zustimmung eine Blutprobe zur Lagerung auf der Biobank abgenommen, um für zukünftige Forschungsprojekte repräsentative Proben rasch verfügbar zu haben. Die erhobenen Daten werden im Anschluss in eine Online-Datenbank eingegeben und sollen jährlich statistisch ausgewertet werden.
Ergebnisse
Über einen Datensammlungszeitraum von 10 Monaten wurden 30 ProbandInnen inkludiert, davon 70% Frauen und 30% Männer. Bei der Ätiologie trat der postoperative Hypoparathyreoidismus mit 83% am häufigsten auf, in den restlichen Fällen war die Ursache ein Autoimmunprozess, ein Gendefekt oder idiopathisch. Viele PatientInnen leiden trotz der Standardtherapie an Symptomen, welche äußerst variabel ausgeprägt sein können. Die Lebensqualität war im Gesamtdurchschnitt vermindert, wobei die individuelle Ausprägung von psychischen und physischen Beeinträchtigungen sehr variabel ist. Viele PatientInnen erfahren unter der Standardtherapie eine akzeptable Symptomkontrolle, in wenigen Fällen war die Symptomkontrolle unzureichend, weswegen ein Therapieversuch mit Teriparatid gestartet wurde.
Conclusio
Diese Studie soll den Grundstein für die Erstellung einer international vergleichbaren, prospektiven Kohorte zum Thema Hypoparathyreoidismus schaffen. Es zeigt sich zudem, dass es bezüglich dieses Themas sowohl unter den Betroffenen als auch unter ÄrztInnen noch einiges an Aufklärungsbedarf gibt und die Krankheit mit ihren Symptomen oft unzureichend beachtet oder ernst genommen wird.